Diskussionsthema: Felgenaufbereitung

Die Veröffentlichung der neuen Richtlinie zur Aufbereitung von Leichtmetallrädern für Personenkraftwagen verunsichert den Markt. Vor allem Betriebe, die bisher maschinelle Verfahren zur Aufbereitung von Alufelgen nutzen.

Foto: CARTEC
„Die vorgegebenen Grenzwerte
sind in der Software des
WheelDoctor DDC
manipulationssicher
fest verankert.“
Daniel Fuchs
CARTEC

Der Markt ist wegen der neuen Richtlinie zur maschinellen Felgenaufbereitung verunsichert. Was wir vorab richtigstellen müssen ist, dass die Felgenaufbereitung durch die aktualisierte Richtlinie in keiner Weise verboten wurde wie in dem ein oder anderen Artikel und Infoschreiben renommierter Verbände zu lesen ist. Entscheidend ist, dass der 1 mm Grenzwert nicht überschritten wird. Über 90 Prozent aller beschädigten Felgen sind weiterhin innerhalb der Grenzwerte und damit zulässig zur Aufbereitung von Bordsteinschäden und Korossion. Das trifft laut der Richtlinie auf lackierte und glanzgedrehte Felgen zu.

Die Frage ist also nicht ob, sondern wie die Felgen denn jetzt korrekt aufbereitet werden dürfen. Die Richtlinie schließt maschinelle Verfahren aus, schreibt aber gleichzeitig dass die Fahrzeug und Räderhersteller anderweitige Regelungen freigeben können, wenn die Betriebsfestigkeit der Felgen gegeben ist. So sind beispielsweise über die Mercedes Website Informationen frei einsehbar, dass bei maschineller CNC Bearbeitung keinerlei Bedenken zur Betriebsfestigkeit gegeben sind. Nach den vorliegenden Informationen verbietet keiner der Premiumhersteller Mercedes, Audi, BMW, VW die maschinelle Bearbeitung von Felgen in deren Serviceanweisungen, solange die zulässige Bearbeitungstiefe nicht überschritten wird.

Demnach sind bei diesen Felgen die maschinelle Bearbeitung auch nach der neuen Richtlinie zulässig. Andernfalls würde das auch einer Wettbewerbsverzerrung nahe kommen, wenn die OEMs selber die Felgen maschinell aufbereiten dürfen, die Autohäuser und Werkstätten hingegen nur im Handschliff. Selbst der TÜV Süd hat 2010 im Rahmen einer Studie die Auswirkung zur Festigkeit aufbereiteter Alufelgen untersucht und kommt zur Erkenntnis, dass Felgen die bis zu 1mm ringsum maschinell bearbeitet wurden keinerlei Beeinträchtigungen der Festigkeit aufweisen, ja sogar eine höhere Festigkeit haben im Vergleich zu beschädigten Felgen. Zu ergänzen ist, dass die fachlichen Prüfungen nicht mit 1mm sondern mit 2mm gemacht wurden, um einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor zu haben.

Wenn eine ganze Branche mit der Argumentation „aufgrund Wandstärkenreduzierung“ ausgebremst werden soll, sollte dazu auch ein technischer Beleg dafür vorgebracht werden. Der TÜV widerspricht sich in diesem Punkt ganz klar den eigenen Untersuchungsergebnissen gemäß technischem Bericht Nr. 76232807-1 und auch der gängigen Praxis der OEMs und Fahrzeughersteller selber. Der händische Schleifprozess den die Richtlinie ausdrücklich freigibt ist sicherlich ungenauer, der Abtrag kann nicht sicher überprüft werden und von der Qualität nicht vergleichbar mit extra dafür entwickelten Maschinen, besonders bei glanzgedrehten Oberflächen.

Aus Sicht von Daniel Fuchs, CARTEC verweist die Richtlinie zurecht auf die von den Herstellern selbst eingesetzten Verfahren. „Es wäre sonst ja auch nicht nachvollziehbar, denn andernfalls würden die Fachwerkstätten bei den Reparaturvorgaben gegenüber dem OEM benachteiligt werden“, so der CARTEC-Geschäftsführer. Ausschlaggebend für eventuelle Festigkeitsunterschiede sei einzig die Bearbeitungstiefe, nicht die Art der Bearbeitung. Die maschinelle Bearbeitung birgt gegenüber der von Hand – die von der Richtlinie ausdrücklich freigegeben ist – kein höheres Risiko. Vorausgesetzt natürlich, dass die eingesetzten Maschinen in der Lage sind, auf den Speichen nur den Klarlack abzutragen und nicht tiefer zu gehen. Auch Daniel Fuchs weiß: „Manuell zu programmierende Bearbeitungsmaschinen bergen hier ein Risiko, weil die individuelle Konturfestlegung zeitintensiv ist und hohes fachliches Know-How erfordert.“

Auch deshalb sei die neueste Entwicklung von CARTEC ein Meilenstein in der Felgenbearbeitung. Denn der auf der Automechanika vorgestellte WheelDoctor DDC (kurz für Digital Diamond Copy) arbeitet auf Basis des bekannten Grenzwertkataloges. „Die vorgegebenen Grenzwerte sind in der Software des WheelDoctor DDC manipulationssicher fest verankert. Das heißt, Schäden von einem Millimeter Schadenstiefe im Bereich von 50 Millimeter von außen nach innen können und werden mit dem DDC aufbereitet, auf den Speichen wird nur der Klarlack abgetragen. Sind der Schaden oder die Unwucht zu tief, lässt die Maschine den Anwender im Prozess gar nicht weiter“, erklärt Daniel Fuchs das Verfahren. Die Konturberechnung und Bearbeitung selbst erfolgt automatisiert, lediglich zum Einspannen und Laserkonturerfassung der Felge wird ein Mitarbeiter benötigt. Für die Dokumentation gegenüber Kunden oder Auftraggebern wird nach jedem Vorgang automatisch ein Werkstattprotokoll erstellt. Jede aufbereitete Felge wird zudem mit einem QR-Code zur Nachverfolgbarkeit gekennzeichnet.

Zum Umgang mit beschädigten Leichtmetallfelgen hat die Interessengemeinschaft für Fahrzeugtechnik und Lackierung (IFL) vor Kurzem die TeMi 04/2023 veröffentlicht.