Schadengeschehen von Hochvoltfahrzeugen

Eine aktuelle AZT-Studie zum Schadengeschehen von Hochvoltfahrzeugen zeigte Auffälligkeiten und deren Einfluss auf die Schadensituation bzw. Typklasse.

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Eine AZT-Analyse von Marktdaten (Quelle: GDV) ergab eine deutlich unterschiedliche Verteilung der Schadenarten über mehrere Jahre, sortiert nach Antriebsart: relativ konstant über die Zeit sind die Schadenarten Diebstahl und Feuer, Überschwemmung etc. bei batterieelektrischen Pkw (BEV) im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor (ICE) deutlich unterrepräsentiert. Demgegenüber dominieren Kollisionskosten die Schadenaufwendungen für BEVs mit einem Anteil in der Kaskoversicherung von etwa 84 % gegenüber etwa 73 % bei konventionellen Fahrzeugen. Diese Daten sind jedoch stark aggregiert und lassen keine detaillierten Aussagen zu. Dennoch zeigen die Marktdaten, dass die größten Hebel zur Verbesserung der Schadenkosten bei den Kollisionen liegen.

Aus den Allianz-Schäden des Jahres 2021 wurde eine Zufallsstichprobe von 400 Vollkasko-Kollisionsschäden mit BEVs detailliert betrachtet. Zum Vergleich standen 350 Schadenfälle aus einer Auswahl bis 2018 mit rein konventionellen Antrieben als Referenzgruppe zur Verfügung. Die Referenzgruppe repräsentiert jedoch eine ältere Population, sowohl was das Durchschnittsalter als auch das Baujahr der Fahrzeuge betrifft. Wie die in einer früheren Studie im Jahr 2017 untersuchten Fälle wurden auch diese 350 Fälle auf Basis der vom GDV ermittelten Schadenkostenentwicklung für Kfz-Reparaturen inflationsbereinigt.

Der durchschnittliche Kaskoschaden für BEVs liegt rund 18 % höher als für ICEs in der Referenzgruppe. Der Median liegt immer noch um 6 % höher, was die Auswirkung einzelner sehr teurer Schäden, die sich in den Schadenfällen zeigen, deutlich macht.

Die Studie ergab ähnliche Zahlen für beschädigte Ultraschallsensoren in der BEV- und der Referenzgruppe, aber mehr betroffene Radarsensoren für BEVs und Kameras nur in den BEV-Schäden. Interessanterweise wurden bei Schäden der batterieelektrischen Fahrzeuge weniger Querträger beschädigt als in der Referenzgruppe, während die Beschädigungen an der Stoßfängerverkleidung vergleichbar häufig waren. Dies zeigt, dass Unfälle, die durch einen Front-Notbremsassistenten adressiert werden können, häufiger vermieden oder zumindest abgemildert werden als in der etwas älteren Referenzgruppe.

Das Einparken und Manövrieren wird von den OEMs jedoch offensichtlich noch nicht berücksichtigt, da die Schadenmeldungen keine unterschiedlichen Merkmale für BEVs und die Referenzgruppe aufweisen. Dies ist ein wichtiger Hebel für Verbesserungen, da Schäden beim Einparken und Rangieren einen deutlich höheren Anteil an den BEV-Schäden ausmachen als in der Referenzgruppe.

Die Studie zeigt auch, dass ein hoher Anteil der konventionellen Fahrzeuge in freien Werkstätten zu niedrigeren Preisen repariert wurde als in Vertragswerkstätten. Batterieelektrische Fahrzeuge werden jedoch überwiegend in Vertragswerkstätten repariert, was wahrscheinlich auf ihr niedriges Durchschnittsalter und den Mangel an qualifizierten freien Werkstätten zurückzuführen ist. Darüber hinaus stellten letztere im Durchschnitt höhere Preise für BEVs in Rechnung als für herkömmliche Fahrzeuge.

Einen wesentlichen Einfluss auf die Reparaturkosten hat das Hochvoltsystem. Ob es sich um elektronische Bauteile, Ladeanschlüsse oder die Batterie selbst handelt, die Preise für solche Ersatzteile treiben die Kosten in die Höhe. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass nur eine der Hochvoltbatterien von einer unfallbedingten Verformung der Fahrzeugkarosserie betroffen war, während alle anderen von einem Unterbodenschaden betroffen waren. Bei 2 % der Schäden wurde die Batterie in Mitleidenschaft gezogen, aber aufgrund der hohen Austauschkosten macht dies etwa 7 % der Gesamtschadensumme der Kollisionsschäden aus. Diese Situation ist vergleichbar mit dem Totaldiebstahl, bei dem wenige teure Schäden die Typklasse eines Modells und damit die Versicherungsprämien in die Höhe treiben können.

Wesentliche Einflüsse auf die höheren Versicherungsschäden finden sich demnach in den Werkstattstrukturen und -preisen, dem Fehlen von Park-Notbremsassistenten und Vorhandensein von sehr teuren Schäden am Hochvoltsystem, oft vom Unterboden.

Eine Zusammenfassung der Studie finden Sie hier.