Delta zwischen Ladeinfrastruktur und Bedarf

Neuer Spitzenreiter: Stadt Emden deutschlandweit mit bestem Verhältnis von E-Pkw zu Ladepunkten – Thüringen hat beim Schnellladen weiterhin die Nase vorn

„Deutschland braucht nun endlich mehr Tempo und mehr Entschlossenheit beim Ausbau, damit die ambitionierten Ziele der Bundesregierung – 15 Million E-Autos sowie 1 Million öffentliche Ladepunkte bis 2030 – auch tatsächlich erreicht werden können."
Hildegard Müller, Präsidentin Verband der Automobilindustrie
Deutschland hat weiterhin und zunehmend großen Nachholbedarf beim Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur für Elektro-Pkw (E-Pkw). Das zeigt die heute veröffentlichte Auswertung des Verbands der Automobilindustrie (VDA), das so genannte VDA-E-Ladenetz-Ranking.In Deutschland gibt es 80.541 öffentlich zugängliche Ladepunkte (Quelle: Bundesnetzagentur, Stand 1. Januar 2023). Damit kommen aktuell in Deutschland im Durchschnitt 23 E-Pkw auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt. Es zeigt sich: Das Delta zwischen Angebot und Bedarf wächst. Beim letzten VDA-E-Ladenetzranking, Stand 1. April 2022, waren es noch 22 E-Pkw, die auf einen Ladepunkt kamen und am 1. Mai 2021 waren es 17 E-Pkw.

Während in Deutschland in den vergangenen zwölf Monaten im Schnitt rund 68.000 E-Pkw pro Monat neu zugelassen wurden, wuchs die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte wöchentlich nur um etwa 540. Um das Ziel von 1 Million Ladepunkten im Jahr 2030, das auch die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich festgehalten hat, zu erreichen, wären jedoch rund 2.200 neue Ladepunkte pro Woche nötig. Die Ausbaugeschwindigkeit müsste also etwa vervierfacht werden, um das Ziel zu erreichen. Wird das aktuelle Ausbautempo nicht gesteigert, gäbe es in Deutschland im Jahr 2030 gerade einmal rund 310.000 Ladepunkte – also weniger als ein Drittel des angestrebten Ziels.

In rund der Hälfte (46 Prozent) aller 10.773 Gemeinden in Deutschland gibt es zudem immer noch keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt. Im Bereich der für den Erfolg der E-Mobilität besonders wichtigen Schnellladeinfrastruktur, die Ladepausen verkürzt, ist die Situation noch viel gravierender: In mehr als acht von zehn Gemeinden gibt es nicht einen einzigen Schnellladepunkt.*

Betrachtet man die Ladeleistung, die pro Elektro-Pkw zur Verfügung steht, so ergibt sich auch hier seit der Beschleunigung des Hochlaufs der Elektromobilität 2020 eine fallende Kurve: Gerade einmal 1,3 kW entfielen am 1. Januar 2023 auf einen E-Pkw, am 1. Januar 2020 war es mit 3,5 kW noch gut die zweieinhalbfache Ladeleistung gewesen. Auch bei dieser Betrachtungsweise zeigt sich, dass der Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur nicht mit dem Wachstum des E-Pkw-Bestand mithält.

Hildegard Müller, Präsidentin Verband der Automobilindustrie: „Auf Deutschlands Straßen gibt es erfreulicherweise immer mehr E-Autos, circa 1,9 Millionen sind es schon heute und für das aktuelle Jahr erwarten wir, dass rund 765.000 E-Pkw neu zugelassen werden. Es ist wichtig, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur mit dieser Entwicklung Schritt hält, doch er hinkt nach wie vor hinterher. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist eine der drängendsten Infrastrukturaufgaben für Deutschland, wurde aber bisher zu sehr vernachlässigt. Deutschland braucht nun endlich mehr Tempo und mehr Entschlossenheit beim Ausbau, damit die ambitionierten Ziele der Bundesregierung – 15 Million E-Autos sowie 1 Million öffentliche Ladepunkte bis 2030 – auch tatsächlich erreicht werden können."

Um die Ausbaugeschwindigkeit zu erhöhen, seien schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse zentral. „Wir brauchen beim Ausbau der Ladeinfrastruktur eine Planungsbeschleunigung, als Automobilindustrie haben wir hierzu konkrete Vorschläge gemacht.

Klar ist: Nur bei einer flächendeckenden und leistungsfähigen Ladeinfrastruktur steigen die Menschen auf die E-Mobilität um. Nur mit ihr kann das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die E-Mobilität weiterwachsen“, so die VDA-Präsidentin.



* Nach Definition der Bundesnetzagentur kann an einem Schnellladepunkt Strom mit einer Ladeleistung von mehr als 22 Kilowatt geladen werden.
 
** Das VDA-Ladenetz-Ranking basiert auf Daten der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur Anzahl der Ladepunkte in deutschen Landkreisen und Städten mit dem Stichtag 1. Januar 2023 sowie des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zum Pkw- und E-Pkw-Bestand, ebenfalls zum Stichtag 1. Januar 2023. Neuere Daten zum Pkw-Bestand liegen nicht vor.